
Meldung vom:
Veranstaltet durch Prof. Dr. Martin Leiner (Theologie), Prof. Dr. Andreas Schmidt (Philosophie) und Dr. Jean-Marc Tétaz (Theologie)
Mit der finanziellen Unterstützung der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zeitlichkeit ist eine Grunddimension menschlicher Existenz. Jede Deutung des Lebens und der Welt muß in irgendeiner Weise Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufeinander beziehen. Was aber die Zeit ist, ist seit jeher eine Frage, die diejenigen, die sie stellen, vor kaum lösbare Schwierigkeiten stellt. Schon Augustinus klagte über die Rätselhaftigkeit der Zeit. Und noch Hofmannstahl stellte anfangs des 20. Jahrhunderts im Rosenkavalier fest: « Die Zeit, die ist ein sonderbares Ding. Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts. Aber dann auf einmal, da spürt man nichts als sie: sie ist um uns herum, sie ist auch in uns drinnen. »
Weil ohne Zeit weder die Welt noch das Leben gedacht werden können, ist die Frage nach der Zeit für Theologen wie für Philosophen eine unumgängliche Frage. Diese Frage wollen wir mit Hilfe von Paul Ricœurs Meisterwerk Zeit und Erzählung nachgehen. Um dem Rätsel der Zeit auf die Spur zu kommen, geht Ricœur einen scheinbaren Umweg: er fragt, wie die Zeit in der Erzählung dargestellt wird, und zwar sowohl in der Geschichtsschreibung als auch in der Literatur. Damit wird eine Reihe von höchst bedeutsamen Problemen angesprochen: Welche Rolle spielt die Narrativität für unser Verständnis der Welt, aber auch für unser Selbstverständnis? Wie verhalten sich Geschichte und Fiktion zueinander? Hat die Geschichte einen Sinn oder wird ihr durch unserer Erzähltätigkeit einen Sinn verliehen? Daß der biblische Glaube unzertrennbar mit Erzählungen verbunden ist, und daß mit den kirchlichen Feiertagen diese erzählte Geschichte bis heute unsere Zeitauffassung prägt, zeigt, in welchem Maße diese Fragen auch für Theologen grundlegend ist. Deswegen wollen wir sie in einem interdisziplinären Seminar behandeln.
Das Blockseminar findet in Blatten im Lötschental statt. Das Lötschental ist ein weitgehend unberührtes Hochtal im Oberwallis mit großartigen Gletscher- und Hochgebirgslandschaften. Es bietet eine reichhaltige Wildfauna (Rehe, Hirsche, Steinböcke, Gämsen; aber auch der seltene Bartgeier und der Steinadler sind dort regelmäßig zu beobachten) sowie unzählige Wanderungsmöglichkeiten. Über die Textarbeit zu Ricœur hinaus werden wir auch Gelegenheit haben, Wanderungen und Ausflüge im Tal zu unternehmen. Eine Vorbesprechung per Videokonferenz findet am 16. Juni um 18 Uhr 30 statt. Fragen der Anrechenbarkeit werden in der Vorbesprechung geklärt.
Teilnahmekosten: 400 € für Unterkunft und Verpflegung zuz. Reisekosten. Für Theologiestudierende aus Jena gewährt die Theologische Fakultät einen Zuschuß von 200 €. Wir werden uns bemühen, die Fahrt mit PKW zu organisieren, um die Kosten zu minimieren.
Anmeldeschluß: 5. Juni 2021
Die Teilnehmerzahl ist auf 9 Studierende begrenzt. Die Einschreibungen werden in der Reihenfolge der Anmeldungen berücksichtigt.
Auskünfte erteilt Dr. Jean-Marc Tétaz (jean-marc.tetaz@uni-jena.de).