Online-Ausstellung "Hegemoniekonflikt und Universität. Die Jenaer Philosophie zwischen den Weltkriegen"
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Im Fokus steht damit ein Teil der Universitätsgeschichte, der bis heute selten thematisiert oder selbstkritisch reflektiert wurde. Sie richtet sich an alle, die an der Geschichte der Stadt und der Universität interessiert sind.
Neben der Online-Ausstellung finden sich auf der Seite auch Stadtrundgänge, die eigenständig mithilfe der Webseite unternommen oder bei den AutorInnen angefragt werden können.
Konzipiert und umgesetzt wurde die Ausstellung durch Dr. Sebastian Bandelin (Max Weber Kolleg, Uni Erfurt) und Gloria Freitag (Lehrstuhl Praktische Philosophie, Uni Jena) Die Ausstellung wurde im Rahmen des Thüringer Projekts Thüringen 19_19 entwickelt und gefördert.
„Ein hoch aktuelles Projekt, das auch die Philosophie der Gegenwart herausfordert“, kommentiert Andrea M. Esser, Professorin für Philosophie in Jena, „die Zusammenhänge sind ausgezeichnet recherchiert und werden innovativ vermittelt!“.
Näheres zu Inhalt und Umsetzung:
„Gerade in der Zwischenkriegsperiode dominiert in Jena ein völkisch-nationalistisches und antidemokratisches Philosophieverständnis. Und die hier wirkenden Professoren beschränken ihre Tätigkeiten auch nicht auf den akademischen Elfenbeinturm. Sie beteiligen sich aktiv in Parteien, Verbänden, gründen philosophische Gesellschaften und nehmen damit auch auf die Landes- und Stadtpolitik Einfluss“, betont Dr. Sebastian Bandelin, der die Ausstellung in Zusammenarbeit mit Gloria Freitag konzipiert und umgesetzt hat. „Uns geht es darum zu verstehen, wie die hier wirkenden Bildungseliten ihre Ablehnung von Revolution und Republik schrittweise in eine direkte Unterstützung des Nationalsozialismus überführen und auf welche philosophischen Traditionen und Begründungsfiguren sie dabei Bezug nehmen. Damit wollen wir auch die Rolle dieser Bildungseliten im Prozess der Zerstörung der Weimarer Republik aufklären“, so Bandelin weiter.
Die damals in Jena tätigen Professoren der Philosophie verstehen die Novemberrevolution und die Weimarer Republik als Ausdruck eines kulturellen Verfalls. Dem setzen sie ein elitäres und völkisches Staatsverständnis entgegen. Die Realisierung ihrer politischen Vorstellungen erhoffen sie sich von einer philosophischen Rückbesinnung auf das „Wesen des deutschen Geistes“. Sie betreiben damit Philosophie also durchaus in politischer Absicht. Und sie nehmen dabei explizit Bezug auf geistesgeschichtliche Strömungen und Traditionen, die bis heute für das Selbstbild der Universität prägend sind, hebt Sebastian Bandelin hervor. Diese politischen Aktivitäten setzen sich - zumindest teilweise - in den 30er Jahren in einer offenen Parteinahme für den Nationalsozialismus fort.
„Wir haben uns in diesem Projekt von folgenden Fragen leiten lassen: „Wie vermitteln die Jenaer Professoren dieser Zeit philosophische Begründungsansprüche, Bezugnahmen auf philosophische Traditionen und politische Orientierung? Welche Wirkungen haben sie mit ihren Aktivitäten entfalten können? Und was folgt daraus für unseren Umgang mit der Tradition und für unsere Auffassung von Philosophie heute?“ erläutert Gloria Freitag.